Montag, 2. August 2010

Sapa - in den Bergen Vietnams - oder: Ohne helfende Hände Lebensgefahr!








































Hallo liebe Leser,

da sind wir wieder, zurück in Hanoi, zumindest für zwei Stunden, danach geht es direkt weiter nach Halong Bay.

Hier eine kleine Orientierungshilfe für diesen Blog-Eintrag:
Für diejenigen für euch, die auf Abenteuer stehen: vorletzter Absatz!! Für die, die auf Infos und Szeneriebeschreibungen stehen: der Rest! ;-)

Die letzten zwei Tage haben wir in Sapa verbracht, eine kleine Stadt in den Bergen, die von den Franzosen gegründet wurde. Von da aus haben wir uns dann zu den Bergvölkern aufgemacht. Wir sind, wie ja bereits angekündigt, mit dem Schlafzug nach Sapa gefahren. Der auf der Hinfahrt war sehr gemütlich, die Matratzen waren weich, es waren nur vier Leute im Abteil und wir konnten gut schlafen. Der eben auf der Rückfahrt war dagegen nicht so komfortabel: sechs Leute in einem Abteil und noch dazu keine richtigen Matratzen, sondern eher harte Bretter. Darüber müssen wir unbedingt gleich noch einmal mit unserem Tourplaner hier im Hotel reden... Auch wurden wir nicht, wie vorher angekündigt, vom Bahnhof abgeholt. Wir haben uns dann gerade kurzer Hand einfach ein Taxi mit ein paar Engländern, die zu unserer Trecking-Gruppe gehörten, ein Taxi geteilt und natürlich viel zu viel bezahlt (waren aber trotzdem nur 2 Euro, die wir auch gerade wiederbekommen haben). Aber wer hat schon noch Lust, morgens um 4 zu handeln?! Das gehört hier aber alles dazu, manchmal klappt alles wunderbar und manchmal muss man eben improvisieren, das kennen wir ja schon und bisher sind wir immer noch da gelandet, wo wir hin wollten (toi, toi, toi!!)... ;-)

Jetzt aber zu Sapa:
Morgens um fünf am Bahnhof angekommen, wurden wir in einem bis auf den allerletzten Notsitz gefüllten Minibus hoch in die Berge nach Sapa zum Hotel gebracht. Dort haben wir unsere Tourinformationen abgeholt, gefrühstückt und um 9.00 Uhr unseren Tour-Guide und unsere Gruppe kennengelernt. Si (siehe Foto mit Stefan und mir), unser Tourguide, ist ein 18 Jahre altes Mädchen, das zu einem der Bergvölker-Stämme gehört und sich als Tour-Guide ein bisschen Geld verdient. Ihr Englisch ist absolut bewundernswert, obwohl sie es, wie sie sagt, nur von den Touristen gelernt hat. Insgesamt waren wir 8 Leute in unserer Gruppe: wir, ein Pärchen aus England, ein Pärchen aus Spanien und ein gemischtes Pärchen aus Frankreich und Vietnam. Alle waren ungefähr in unserem Alter und Gesprächsthemen gab es seeeehr viele! :-)

Am ersten Tag sind wir zu einem Dorf gewandert, in dem wir gelernt haben, wie und wovon die Menschen leben. Jede Familie hat eine eigene geräumige Hütte aus Holz mit Veranda. In der Mitte der Hütte, quasi im Wohnzimmer, war das Gebäude, das wir von innen sehen durften, einstöckig, jeweils an den Enden ging dann eine Leiter nach oben in eine Art Dachboden, wo die geernteten Mais- und Reisvorräte lagern. Geschlafen wird in kleinen, vom Wohnzimmer abgetrennten, Kammern auf dem Boden. Si hat erzählt, dass jedes Haus zwei Küchen habe, eine drinnen und eine draußen. Zwischen 4 und 5 stehen die Menschen morgens auf, kochen das Frühstück und gehen dann an die Arbeit. Die Männer bestellen zum größten Teil die Felder, während die Frauen und Kinder versuchen, ihre Handarbeiten zu verkaufen. Viele Frauen helfen aber auch bei der Ernte oder stellen Kleidung aus einer Art Schilfrohr her. Dazu machen sie Fäden aus Pflanzenfasern, die sie dann hinterher verweben und mit Indigo, die Pflanze dazu bauen sie selbst an, einfärben. Deshalb haben manche Frauen auch ganz blaue Hände. Während die Frauen arbeiten, helfen die Kinder entweder mit oder passen auf ihre jüngeren Geschwister auf. Wir haben ganz viele Kinder im Alter zwischen 4 und 9 gesehen, die Babys auf den Rücken geschnallt hatten. In Deutschland würde man eine Vierjährige wohl nicht einmal lange mit einem Baby alleine im Raum lassen, hier babysitten sie und offensichtlich funktioniert's... :-) Insgesamt sehen alle Bergvölkermitglieder viel jünger aus als sie eigentlich sind, weil sie, im Vergleich zu den restlichen Vietnamesen, die ja schon kleiner sind als wir, noch einmal viel kleiner sind. Viele tragen die traditionelle Stammeskleidung, die ihr auf den Bildern sehen könnt. Außerdem haben wir glernt, wie Maismehl hergestellt wird und welche Pflanzen als Medizin verwendet werden. Ein sehr schöner Ausflug, bei dem wir viel über das Leben in den Bergen gelernt haben und wunderschöne Aussichten auf die Reisfelder an den Hängen hatten. Um 12 Uhr waren wir dann pünktlich zum Einchecken im Hotel. Wir haben ein VIP-Zimmer bekommen, mit riesigem Bett, Fernseher, Telefon, Kühlschrank, Minibar und sogar Badewanne! Uns war gar nicht klar, dass wir so einen Luxus für so wenig Geld gebucht hatten und waren super überrascht. (Unser Flur war mit rotem Teppich ausgelgt! ;-))

Nach dem Mittagessen mit fünf Gängen (das hatte aber jeder), das man aus ca. 15 verschiedenen Menüs auswählen durfte, haben wir uns mit dem gemischten Frankreich-Vietnam-Pärchen und den Spaniern zu einer Roller-Tour getroffen. Cham, die Vietnamesin, hat gehandelt und erreicht, dass wir nur ca. 1,80 Euro pro Roller pro Tag bezahlen mussten. Plus Benzin natürlich, aber das waren dann vielleicht noch 'mal 2,00 Euro und der Tank war randvoll, mehr als genug für unseren Trip in die Berge. Zuerst sind wir zum "Silver Waterfall" gefahren, haben unsere Motorräder abgestellt, Eintritt bezahlt und sind über ein paar Stufen zum Wasserfall hochgestiegen. Danach haben wir noch ein paar spitzen Aussichtspunkte entlang der Strecke entdeckt. Überall an den Hängen wird entwerder Mais oder Reis angebaut und der Blick ist einfach unbeschreiblich schön. Sobald die Sonne zwischen den tief hängenden Wolken hervorblitzt, schimmern die Felder in so vielen verschiedenen Grüntönen, dass es wunderschön aussieht. Einfach unbeschreiblich schön. Jeder Meter wird genutzt, sei er noch so steil. Zurzeit wird der Mais geerntet und alle helfen mit. Da, wo wir nicht ohne durch ein Seil gesichert klettern würden, stehen die Einheimischen locker in Schlappen herum und ernten ihren Mais. Ungesichert, versteht sich... Dann wird der Mais vor Ort geschält und danach in Körben auf dem Rücken zu den Hütten transportiert. An ein paar Hütten wurden die ersten Maiskörner schon zum Trocknen in der Sonne ausgelegt: Saatgut für das nächste Jahr. Bis zur Reisernte müssen sie noch ungefähr einen Monat warten, im September, wenn der Reis gelb wird und beginnt, die schweren Köpfe hängen zu lassen, wird er geerntet. Reis muss die ganze Zeit feucht gehalten werden, deshalb bauen sie ihn in solchen Terassen an, die dann durch ein ausgeklügeltes System von oben nach unten mit Wasser versorgt werden.

Nach dem Motorradtripp haben wir zum Abendessen wieder eins der Menüs auswählen dürfen, wieder mit fünf Gängen, sind Baden gegangen (!!!!) und haben uns danach noch mit den Spaniern und Cham und Cederic auf dem Markt getroffen. Cederick arbeitet in Ho Chi Minh für eine Firma, die die Qualität von Markenware untersucht und konnte uns sehr viele Tipps geben, auf was wir achten sollten, wenn wir hier vermeintliche Markenware kaufen... Der Verkäufer fand unser Gespräch so interessant, dass er es gleich mit Hilfe seines Handys aufgezeichnet hat, auf dass seine Kopien in Zukunft noch besser gefälscht werden! :-) Noch ein Bierchen, oder zwei, in einer aus Plastikstühlen und -tischen bestehenden Bordsteinkneipe und dann ab ins Bett.

Um 9.00 Uhr ging es dann gestern wieder los. Diesmal ließen sich die Bergvölkerfrauen, die sich schon morgens immer vor dem Hotel versammelt haben, in der Hoffnung, ihre Ware verkaufen zu können, nicht so schnell abschütteln wie noch am Tag zuvor. Hartnäckig sind sie neben uns her marschiert. Und dann ging's los: Bergab auf matschigem, lehmigem, glitschigem Boden, rechts Berg, links Abgrund und dazwischen ein ungefähr 80 cm breiter Pfad. Nicht einmal Steine gab es, für einen besseren Halt. Haben wir die Pumaschuhe mit glatten Sohlen erwähnt?! Mit anderen Worten: Lebensgefahr (behauptet jedenfalls Nina, für Stefan war das ja alles kein Problem, wartet 'mal ab... ;-)). Die ersten fünf Meter steil den Pfad hinab: alles klar, das Herz pocht, alle hoch konzentriert, die ersten kommen ins Rutschen. Nina rutscht so, dass sie fast fällt, stützt sich mit den Händen hinten ab und kommt ungefähr 20 cm vor dem Abgrund zum Stehen. Und das auch nur, weil gleich zwei der Bergvolkfrauen plus Cham hinterherstürzen und sie festhalten. Was für eine Aufregung... Nina steht noch nicht ganz wieder, da wird sie schon gefragt, ob sie nicht vielleicht doch einen Walking-Stick (Wanderstab) kaufen möchte... Die wurden am Anfang des Berghangs schon angeboten, aber da wollten wir ja keinen kaufen... (Wir Trottel...!!) Und dann fangen Stefan, Cham und diese Verkäuferin noch das Handeln an!!!! Hallo, geht's noch? Gebt ihr das Geld und Nina den Stock und dann runter hier! Unfassbar! Am Ende haben wir dann zwei genommen, einen für Stefan, einen für Nina. Eine der Bergvolkfrauen ist Nina aber für den Rest der Tour nicht mehr von der Seite gewichen und war immer da, wenn Nina sie brauchte. Sooooo lieb und ohne sie und Si wäre Nina bestimmt gleich mehrfach im Matsch gelandet, an verschiedenen Berghängen... Auch die anderen Touristen, davon gab es viele, viele, viele, hatten mindestens eine Bergvolkfrau an der Hand oder wenigstens in der Nähe, für alle Fälle... Jenny hatte sogar gleich zwei... ;-) So viel Aufregung! An einem anderen Hang haben die Touris der anderen Gruppen schon immer gejubelt, wenn es wieder einen hingehauen hat... Und das ging im 20- Sekundentakt so... Wenn man noch ganz oben steht und den Weg noch vor sich hat, ist das nicht witzig, kann ich nur sagen... Aus unserer Gruppe haben es aber alle heile 'runtergeschafft. Dafür hat Stefan dann aber eine kleine Extratour auf einem geraden (Ha, ha!!! ;-)) Stück gemacht: plumps, da war er ein paar Etagen tiefer im Reisfeld... Die Bergvölker waren erst sehr erschrocken, aber dann haben sie darüber gelacht und Ninas Reaktion: "You know that you have to pay for the rice you've destroyed, right?!" und ein weiteres Gelächter der Bergfrauen... :-) Ach, was für ein Abenteuer! :-) Alle sind heile angekommen, aber ohne die Hilfe von den Einheimischen wäre das alles nie so glimpflich abgelaufen. Im Dorf haben wir dann auch brav etwas von unseren Helfern gekauft, nicht ohne zu handeln, versteht sich... ;-) Aber wir waren schon ein bisschen großzügiger, schließlich kann man schon ehrlich sagen, dass sie uns zumindest am allerersten Berghang sehr geholfen haben... Was für ein Tag! :-) Trotzdem hat es super viel Spaß gemacht, durch die Berge zu wandern, die Aussicht zu genießen und sehr viel über ihre Traditionen und Kulturen zu lernen. Außerdem waren unsere Freunde viel weniger aufdringlich als die mit den roten Hüten, von einem anderen Stamm... Die rasieren sich alle Haare ab, sobald sie verheiratet sind, sehen insgesamt ein bisschen gruselig aus und sind total hartnäckig und aufdringlich. Wirklich kein schöner Umgang, dann lieber die Black H'mong. :-) Von unserem Lunch-Ort sind wir dann noch durch ein paar weitere Dörfer (darunter auch Sis) zu dem Ort gewandert, an dem wir von einem Minibus abgeholt und zurück zum Hotel gebracht wurden. Dort haben wir dann geduscht, Abendbrot gegessen und um ca. 17.00 Uhr ging es dann mit dem Minibus zum Bahnhof.

Unser Abteil haben wir mit vier weiteren Personen geteilt, darunter auch ein israelisches Pärchen in unserem Alter. Wir haben viel über den Krieg zwischen Palästina und Israel gesprochen und eine Menge gelernt, vor allem, dass nicht immer alles so ist, wie es nach außen hin scheint und von den Medien propagiert wird. :-( Das war ein sehr interessantes Gespräch und wir werden auf jeden Fall in Kontakt bleiben.

Gleich geh't nach Halong Bay, heute wird noch gepaddelt! :-)

Bis bald,
Stefan und Nina!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Stefan & Nina. Wir hoffen, Euch geht es gut. Bei uns ist alles O.K. Macht Euch noch ein paar schöne Tage und kommt gesund wieder. Wie immer habt Ihr eine tolle Berichterstattung.
Bis bald Mario & Familie